Ein fairer Ausgleich für alle Gemeinden
In städtisch geprägten Gemeinden wohnen in der Regel mehr Menschen, die auf Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, Sozialhilfe oder öffentlich finanzierte Pflegedienstleistungen angewiesen sind als in ländlichen Gemeinden. Im Verhältnis zu ihrer Gesamtbevölkerung müssen Städte und Agglomerationsgemeinden deshalb markant höhere Sozialleistungen finanzieren, die sie kaum beeinflussen können. So muss zum Beispiel Dietikon gut 26% des Gemeindebudgets für den Sozialbereich aufwenden, während es in der wohlhabenden Seegemeinde Rüschlikon nicht einmal 6% sind.
Der 2012 eingeführte Finanzausgleich gleicht auf der Einnahmeseite die unterschiedliche Steuerkraft der Gemeinden bis zu einem gewissen Grad aus. Für Gemeinden wie Dietikon reicht dies aber nicht, um die überdurchschnittlichen Ausgaben für Soziales auszugleichen. Deshalb musste Dietikon wiederholt den Steuerfuss erhöhen, bis heute auf 129%. Zum Vergleich: in Kilchberg beträgt der Steuerfuss 72%, in der Stadt Zürich 119%. In der Folge verloren die Sozialleistungen in Dietikon zunehmend an Akzeptanz. Der Stadtrat sprach im Geschäftsbericht sogar davon, dass eine «Abwehrstrategie gegen die Sozialhilfebezüger» entwickelt werden müsse – eine gefährliche Entwicklung.
Städte und Agglomerationen sind besonders betroffen
Nicht nur Dietikon, auch viele andere Gemeinden, insbesondere die Städte Zürich und Winterthur sowie viele Agglomerationsgemeinden, tragen deutlich höhere Sozialkosten als ländlichere Gemeinden.
In den städtischen Zentren leben viel mehr Menschen, die auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind, als beispielsweise in den reichen Gemeinden rechts und links des Zürichsees: Die Arbeitslosenquote ist in städtischen Gebieten deutlich höher und in den Städten leben überproportional häufig Rentnerinnen und Rentner mit kleinen Einkommen, die Anrecht auf Zusatzleistungen zur AHV haben. Auf all diese Ursachen haben die Gemeinden kaum Einfluss.
Zahlen aus dem kantonalen Sozialbericht 2017 zeigen, was das konkret bedeutet: In der Stadt Zürich lagen die Kosten für soziale Wohlfahrt pro Kopf und Jahr bei 1800 und in Winterthur bei 1400 Franken, während es bei kleinen Gemeinden rund 700 Franken und bei Kleinstgemeinden sogar nur 300 Franken waren.
Die bisherige Finanzierung ist unsolidarisch
Diese riesigen Unterschiede kommen zustande, weil sich der Kanton Zürich im Vergleich mit anderen Kantonen kaum an den Sozialkosten beteiligt. Dadurch bleiben die Gemeinden auf immer höheren Kosten sitzen. Und die Unterschiede werden noch weiter zunehmen. Denn gemäss den raumplanerischen Vorgaben soll der Kanton gerade in den besonders betroffenen Städten und Agglomerationen weiterwachsen. Im Endeffekt erbringen diese also Leistungen für den ganzen Kanton. Da ist es nur fair und richtig, wenn diese auch zu einem angemessenen Teil vom Kanton abgeglichen werden.
Die SP hat deshalb 2014 im Kantonrat einen Vorstoss eingereicht, um die Sozial kosten im Kanton Zürich gerechter zu finanzieren. Am einfachsten und dringendsten ist dies im Bereich der Zusatzleistungen. Heute übernehmen die Gemeinden 56% der Kosten, der Kanton 44% – wobei der Bund einen Anteil des Kantonsbeitrags übernimmt. Übernimmt der Kanton einen grösseren Anteil an den Zusatzleistungen, werden diese Kosten solidarisch vom ganzen Kanton getragen. Da die Gemeinden im Bereich der Zusatzleistungen keinen Handlungsspielraum haben, ist diese kantonale Regelung logisch und sinnvoll.
Finanziell tragbar – fair und solidarisch
Mit dem neuen Zusatzleistungsgesetz wird der Kantonsbeitrag im Bereich der Zusatzleistungen zur AHV/IV von heute 44% auf neu 70% erhöht. Der Ausgleich wird durch einen Plafond bei 125% der durchschnittlichen Kosten begrenzt. Kosten, die über diesem Deckel liegen, müssen die Gemeinden weiterhin selber finanzieren. So können möglichst viele Gemeinden mit überdurchschnittlich hohen Lasten vom Ausgleich profitieren. Im Vergleich mit anderen Kantonen bleibt der vom Kanton finanzierte Kostenanteil der Zusatzleistungen aber immer noch sehr klein.
Die SVP hat dagegen das Referendum ergriffen – die Gesetzesänderung sei unnötig und führe zu höheren Kosten beim Kanton. Das war noch vor Corona, doch die Pandemie triff t die Schwächsten am stärksten: Die Sozialkosten werden stärker ansteigen, die Ungleichheit weiter zunehmen. Dieser Entwicklung gilt es entgegenzuwirken. Der Kanton Zürich ist finanziell solide aufgestellt und kann die zusätzlichen Kosten tragen. Im Gegensatz zu den Gemeinden hat der Kanton einen grösseren finanziellen Spielraum und die Kosten werden solidarisch auf mehr Schultern verteilt.
Mit einem Ja zum Zusatzleistungsgesetz erhält der Kanton Zürich endlich einen fairen Soziallastenausgleich – und macht damit einen wichtigen Schritt, um den Abwärtswettlauf bei den Sozialleistungen zu stoppen.